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LRS – Lese-Rechtschreibschwäche oder Rechenschwäche wächst sich aus?

Gibt es ab der 5. Klasse ja eigentlich nicht mehr?

Immer wieder höre oder lese ich, dass Lehrer meinen, Lernschwächen können sich einfach so auswachsen. Ich bin immer leicht entsetzt, denn das Thema LRS ist ja nun schon seit Jahrzehnten bekannt. Und dass es in Deutschland sehr viele Analphabeten gibt, ist nicht unbekannt!

Entwicklungsverzögerungen wachsen sich aus

Was sich auswachsen kann, sind die Entwicklungsverzögerungen, die bei Kindern vorkommen können. Das bedeutet, dass sie in die Schule kommen, obwohl sie noch nicht so weit sind, um alles meistern zu können. Verschiedene Bereiche können davon betroffen sein – die Wahrnehmung im Bereich der Sprache oder der Raum-Lage, die Motorik …

 Das Verpasste können sie nicht allein aufholen

Die Kinder, die in den ersten Schuljahren Lernschwierigkeiten haben, sind langsamer, verpassen eine ganze Menge der Grundlagen, die ja die Grundschuljahre legen sollen. Von allein kann ein Kind nur in den seltensten Fällen das Verpasste nachholen oder es sich gar selbst beibringen. Es benötigt also Hilfe, Unterstützung, Geduld und Zeit.

Ich möchte trotzdem aber ganz deutlich sagen: Ich meine nicht, dass eine LRS oder Rechenschwäche ein Leben lang bleiben muss!

Bekommen die Schüler rechtzeitig die richtige Hilfe und Unterstützung, dann können die meisten Schüler ihre Leistungen wesentlich verbessern! Wenn sie später getestet werden, kommt es oft vor, dass keine LRS oder Rechenschwäche mehr vorliegt.

Zu diesen Problemen kommen auch die Schwierigkeiten, die manche Lehrmethoden in der Schule mit sich bringen. Das leidige Thema – wenn die Kinder in den ersten Schuljahren so schreiben dürfen, wie sie sprechen – zum Beispiel.

Das wieder aus den Köpfen der Kinder herauszubekommen, ist wirklich schwierig. In der Lerntherapie üben wir alle Strategien und Regeln, dennoch sehen die Aufsätze oft nicht gut aus. Denn die Kinder konzentrieren sich nur auf den Inhalt, nicht aber auf die Rechtschreibung. Auch wenn die Kinder unter Druck stehen, schreiben sie wieder, wie sie es hören.

Eine kleine Hilfe können Stoppdiktate sein

Stoppdiktate schreiben wir erst, aber wirklich erst, wenn die Kinder die meisten Strategien und Regeln beherrschen, sie aber nicht anwenden.

Ich betreute einen Jungen, der aufs Gymnasium ging und beim Schreiben regelmäßig abschaltete. Sein Kopf machte das ganz automatisch. So schrieb er so gut wie jedes Wort falsch. Die Regeln beherrschte er, trotzdem. Nachdem ich fast ein Jahr lang Stoppdiktate mit ihm schrieb, machte er nur noch 4-5 Fehler in 200 Wörtern. Vorher hatte er mindestens 150 Fehler.

Stoppdiktat sagt schon das Wort! Wir stoppen das Diktat sofort, wenn ein Fehler auftaucht. Wird das Wort „Ranzen“ falsch geschrieben, sagen wir sofort: „Stopp!“ Der Schüler muss nun sagen, wie es richtig geschrieben wird und warum, die Regel nennen (Nach l, m, n, r, das merke dir ja, kommt nie tz und nie ck!)

 Mit viel Geduld lernt der Schüler so das Mitdenken!

Geduld ist natürlich auch hier angesagt. Außerdem tauchen immer wieder Fehlerquellen auf, die man nun zusätzlich intensiv üben kann.

Falls die Groß- und Kleinschreibung das größte Problem ist, so kann man die Sätze zunächst vorlesen und analysieren. Welches Wort muss großgeschrieben werden? Mit Legosteinen kann man die Struktur legen. Zwei Steine – groß, ein Stein – klein.

Achtung! Wir schreiben Stoppdiktate erst, wenn die meisten Regeln und Strategien geübt wurden und bekannt sind. Ansonsten wird es für den Schüler sehr frustrierend!