Was darf man Kindern zutrauen?

Geduld

Lydia Zoubek hat auf ihrem Blog „Lydia’s Welt“ zu dieser Blogparade aufgerufen. https://lydiaswelt.com/2018/12/16/blogparade-was-darf-man-kindern-zutrauen/?fbclid=IwAR3v2QetIsZMdJrfCsXHQJbzL2g5AXoj700OA5bbVECDAsFrHhNXOK5NoTU Das ist ein spannendes Thema und kann sicher auch sehr kontrovers diskutiert werden.

Vorurteile und Schubladendenken erschweren Menschen mit Lernproblemen das Leben

Ich arbeite seit 15 Jahren mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die Lernprobleme haben. Hier gibt es besondere Probleme, denn oft werden diese Menschen in Schubladen gesteckt oder mit Vorurteilen konfrontiert, die den Betroffenen das Leben schwer machen und oft auch stark behindern. Sie brauchen Menschen, die ihnen alles zutrauen, woran sie selbst nicht mehr glauben.

Sätze wie

„Damit wirst du dein Leben lang Probleme haben, denn ich hatte auch immer Probleme beim Rechnen/Schreiben!“

„Eine Legasthenie/Dyskalkulie hat man ein Leben lang!“

„Du bist nur zu faul, sonst könntest du es!“   …

können Menschen ein ganzes Leben lang verfolgen und behindern. Warum? Weil Kinder den Erwachsenen glauben und sich irgendwann tatsächlich wenig oder gar nichts mehr zutrauen.

Eine junge Frau bleibt ohne Hilfe, weil die Ämter ihr nichts zutrauen

Ich kenne eine junge Frau (19 Jahre), die würde gerne eine Ausbildung machen. Sie denkt, dass sie nicht lesen und schreiben kann. Aber das ist nur bedingt richtig, denn ich habe mir von ihr vorlesen und sie ein paar Worte aufschreiben lassen. Sie kann es, aber es ist ihr sehr peinlich, dass sie langsam liest und Fehler beim Schreiben macht. Wenn sie jedoch zum Jobcenter geht, dann wird sie als unfähig/unbrauchbar eingestuft und zum Putzen geschickt. Bei ihr begannen die Probleme direkt in der 1. Klasse. Heute ist sie eine verunsicherte junge Frau, die eine gute Lerntherapie benötigt, die sie sich jedoch nicht leisten kann. Hilfe vom Jobcenter kann sie nicht erwarten. Dabei wird ständig vom Fachkräftemangel gesprochen. Wie viel Potential geht verloren, weil man junge Menschen einfach aussortiert und abstempelt?

Lernschwächen muss man nicht ein ganzes Leben lang haben

Nein! Lernschwächen muss man nicht ein ganzes Leben lang haben. Ich habe schon viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene begleitet, die ihre Schwächen wesentlich verbessern oder sogar ganz überwinden konnten.

Und Lernschwächen müssen nicht vererbt werden. Selbst wenn, kann das Kind mit einer guten Hilfe die Lernprobleme überwinden.

Eltern müssen an ihre Kinder glauben und ihnen viel mehr zutrauen

Eltern müssen an ihre Kinder glauben – das ist das Wichtigste. Wenn sie nicht die Geduld haben und vor allem nicht an ihr Kind glauben – wer soll es dann?

Manche Kinder lernen langsamer, manche schneller. Darauf nimmt die Schule leider oft keine Rücksicht. Eltern müssen dann geduldig sein und für ihr Kind (leider oft) kämpfen. Aber sie müssen wissen, dass jeder Schulabschluss auch später noch zu schaffen und zu machen ist, wenn sie und ihre Kinder sich das zutrauen. Wenn ein Jugendlicher also nicht sofort auf das Gymnasium geht, ist das nicht schlimm. Das Abitur kann er trotzdem noch machen. Es gibt zum Glück sehr viele Wege zu einer Ausbildung und zum Abitur. Nicht immer ist das einfach, das steht außer Frage.

Was ich mir wünsche?

Ich wünsche mir viel mehr Lehrer, die den Kindern die Zeit geben, die sie benötigen, die an ihre Schüler glauben und sie fördern und fordern.

Ich wünsche mir, dass die Menschen ihre vielen Vorurteile überdenken und überprüfen, damit sie diese überwinden können.

Ich wünsche mir Lehrer und Eltern, die den Kindern viel mehr zutrauen und sie ermuntern und unterstützen.

 

Sabine Omarow – Praxis für Lerntraining